Der Regenbogen am Land
Ein Blick in die Pride-Bewegungen jenseits der Großstadtgrenzen – der Regenbogen am Land. Eine Betrachtung von Florian Niederseer und Sebastian Brandstätter.
Die Stonewall Riots fanden im Juni vor 55 Jahren statt. Diese Nacht, in der Polizisten in der seit dem berühmten Bar Stonewall Inn in der Christopher Street in New York City eine Razzia durchführten und die queeren Menschen des Lokals sich gegen diese Maßnahmen gewehrt haben markiert die erste große Demonstration der LGBTQIA+ Gemeinschaft.
Die Stonewall Riots – der Stein, der alles ins Rollen brachte
Mehr noch, sie war der Stein, der ins Rollen geraten ist und aus dem heraus heute Pride Paraden quer durch die ganze Welt inspiriert werden. Die Stonewall Riots waren der Grundstein dafür, dass queere Themen in der Öffentlichkeit das erste Mal ernsthaft einen Platz fanden und die Community Sichtbarkeit in der allgemeinen Gesellschaft erfuhr. Viele Menschen nahmen sich an diesem weitreichenden Ereignis ein Beispiel und veranstalteten selbst die ersten Regenbogenparaden in ihren eigenen Städten. Los Angeles, San Francisco, Toronto, aber auch Amsterdam, Wien oder Hamburg.
Pride-Paraden quer durch die Welt
Nach und nach wurde jede größere Stadt im Juni, dem offiziellen Pride Monat, ein Stück bunter. Zahlreiche Menschen gehen bis heute für ihre Rechte auf die Straße und weisen auf Missstände und Ungleichheiten hin, die bis heute noch in vielen Gesellschaften bestehen. Diese Entwicklung warf das öffentliche Scheinwerferlicht auf die queere Community und die Anliegen, die sie nach vorne bringen. Somit fanden diese Themen im öffentlichen Diskurs statt. Nach und nach wurden auch in Österreich immer mehr Rechte für LGBTQIA+ Menschen erkämpft.
Die letzten Jahre zeigen, dass sich im Bezug der Pride Paraden eine weitere Entwicklung abzeichnet. Während es in den großen Städten wie Berlin oder Wien immer leichter wurde, als queere Person zu leben, schien diese Entwicklung in den ländlichen Regionen nur träge in die Gänge zu kommen.
Regenbogenflaggen im Dorf
Für viele Leute am Land fand dieses „Schwulsein“ nur in der großen Stadt, weit weg vom eigenen Dorf, statt. Natürlich lebten und leben am Land queere Menschen. Diese haben aber oft Angst vor sozialer Ausgrenzung und Ausschluss aus der Gemeindefamilie, wenn sie sich outen würden. Sie tragen oft ihr Leben lang ein Geheimnis mit sich herum. Oft ziehen sie dann in die Stadt und leben ihre wahren Gefühle da aus. Dass LGBTQIA+ Themen auch in kleinen Dörfern zum Thema gemacht werden oder gar eine Pride-Parade im kleinen Ort stattfindet, war bis vor einiger Zeit noch undenkbar.
Mittlerweile aber fanden sich in verschiedenen kleinen Dörfern in ganz Österreich engagierte Menschen zusammen, die eine Regenbogenparade auch in der eigenen Gemeinde veranstalten wollten. Von Mistelbach in Niederösterreich über Spittal an der Drau in Kärnten bis hin zu Unken im Bundesland Salzburg. Pride Paraden auf dem Land sind seit ein paar Jahren nicht mehr undenkbar, sondern zur Realität geworden. Die Regenbogenflaggen werden nicht mehr nur in der Wiener Innenstadt anlässlich des Pride Monats gehisst, sondern auch in verschiedenen kleinen Dörfern in ganz Österreich.
Mehr Sichtbarkeit am Land
Diese Entwicklung ist ein Signal für die Sichtbarkeit von LGBTQIA+ Menschen am Land. Dieses „Schwulsein“ findet eben nicht nur in den großen Städten statt. Queere Menschen leben überall, von der größten Stadt bis ins kleinste Dorf. Durch Pride-Paraden am Land wird diese Sichtbarkeit gefördert und werden auch auf dem Land Safe Spaces für die LGBTQIA+ Community geschaffen.
Je länger die Menschen auf dem Land damit konfrontiert werden, je öfter sie auf Pride Paraden oder bei anderen Veranstaltungen sehen, dass es sich hierbei um Menschen handelt, die genauso lieben und leben wollen, wie sie selber, desto mehr wird es zur Normalität, dass auch queere Menschen ein Teil der Dorfgemeinde sind. Auf der anderen Seite sehen genau diese Personen, dass sie nicht zwangsläufig in die große Stadt ziehen müssen, um so zu sein, wie sie möchten. Wenn queere Sichtbarkeit und Solidarität auch im eigenen Dorf gelebt wird, hat man selber den Mut, offen queer zu leben und somit auch ein Vorbild für spätere Generationen zu sein.
Bad Ischl als bunte Kulturhauptstadt Europas
Zum ersten Mal wird dieses Jahr im Salzkammergut im malerischen Bad Ischl eine Pride Parade stattfinden. Am 15. Juni wird dieser historische Ort im Herzen Österreichs zu einem Leuchtturm der queeren Vielfalt und Gleichberechtigung. Das Spannende dabei ist: Zum ersten Mal wird eine Pride Parade im Rahmen des Programms der Kulturhauptstadt Europas bei ihrer Umsetzung unterstützt.
Das ist ein starkes Zeichen dafür, wie weit Pride Paraden mittlerweile gesellschaftlich und auch kulturell geworden sind. Der Titel „Kulturhauptstadt Europas“ der dieses Jahr dem beschaulichen Bad Ischl verliehen wird und der Fakt, dass zu dem Programm der Kulturhauptstadt die erste Pride Parade des Salzkammerguts gehört ist der Beweis dafür, dass neben Tracht und Blasmusik auch Regenbogenfahnen zur Kultur Österreichs gehören.
Der Blick in die Zukunft
Bei Pride Paraden in den großen Städten dauerte es einige Zeit, bis die Menschen diese Demonstration und wofür sie steht, akzeptieren und als Teil ihrer Heimat respektieren. Dasselbe gilt auch für Regenbogenparaden am Land. Am Anfang sind Anfeindungen und missbilligende Blicke sehr wahrscheinlich. Diese werden wohl auch nie zur Gänze verschwinden. Mit jedem Jahr werden Pride Paraden aber ein Stück mehr Teil der Dorfgemeinde. Nach und nach zeigen Menschen immer mehr Interesse daran, warum diese bunt angezogenen Leute gemeinsam durch die Gemeinde gehen.
Der Regenbogen am Land schafft Sichtbarkeit und sorgt dafür, dass queere Themen auch abseits der Stadt wahrgenommen und diskutiert werden. Am Ende bringt er alle Menschen zusammen und stärkt das Gemeindewesen, wenn alle so leben und lieben können, wie es für sie am besten ist. Es war ein langer Weg von den Stonewall Riots 1969 bis zu den Pride Paraden in den kleinen Dörfern Österreichs im Jahr 2024. Pride Paraden am Land werden auch in Zukunft ein Zeichen für Sichtbarkeit der queeren Menschen quer durch das Land sein. Sie bringen Menschen unter den Regenbogen zusammen und sind der Beweis dafür, dass man überall für Gleichberechtigung und Liebe einstehen kann.
Das wird der Unken Pride 2024
„Die Heublumen sind ein queerer Verein mit dem Ziel ländliche LGBTQIA+ Communities zu unterstützen“, so die Selbstbeschreibung auf Facebook. Das tun sie auch dieses Jahr wieder, u.a. mit dem Unken Pride 2024. Am 20. Juli wird die Regenbogenparade durch den kleinen Ort im Pinzgau ziehen. Vor der malerischen Bergkulisse wird queeres Selbstbewusstsein gezeigt. Und immer mehr Menschen machen mit. [Weiterlesen]
Das wird das Pridefestival Salzburg 2024
„Be visible Schatzi“ wird auch in diesem Jahr das Motto des Pridefestivals Salzburg. „Es geht um die Sichtbarkeit der Community in der Stadt – aber auch darum dass die Partnerinnen und Partner aus Institutionen der Stadt sich mit uns zeigen“ so Conny Felice im Interview mit gaysalzburg.at in 2023. Vom 30.08. bis 8.09. feiert die Salzburger queere Community nun das dritte Pridefestival in Folge und erfüllt damit erneut den Anspruch dieses Mottos. [Weiterlesen]